Flussseeschwalben

Die Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) gehört zur Familie der Seeschwalben. Sie ernährt sich überwiegend von kleinen Fischen. Deshalb ist sie häufig in der Nähe von Gewässern anzutreffen. Sie brütet bevorzugt in Kolonien und teilweise auch gemeinsam mit Lachmöwen.

Natürliche Brutplätze

Flussseeschwalbe, Foto: Eberhard Meyer
Flussseeschwalbe, © Eberhard Meyer

Früher brüteten die Flussseeschwalben im Kreis Bad Tölz – Wolfratshausen auf den Kiesbänken entlang der Isar.

Unser Flussseeschwalben-Experte, Heribert Zintl, berichtet von einer kleinen Kolonie von ca. 6 Brutpaaren in den 1950er Jahren in der Ascholdinger Au. Mitte der 1960er Jahre war diese Kolonie verschwunden. In den 1970er Jahren gab es noch eine Flussseeschwalben-Kolonie mit bis zu 15 Brutpaaren auf einer Kiesinsel in der Pupplinger Au nahe der Loisach-Mündung. Diese Kolonie wurde von der LBV-Kreisgruppe auf Anregung von Heribert Zintl intensiv beobachtet und bewacht. Zu diesem Zweck wurde damals sogar ein Beobachtungsturm errichtet.


Doch machten den Flussseeschwalben nicht nur die zunehmende Zahl der Erholungssuchenden zu schaffen, sondern vielmehr der mangelnde Kiesnachschub aus den Alpen bei Hochwasser. Die Kiesinsel wuchs mit Weiden zu, wurde immer größer und erhielt schließlich Landanschluss. Neue geeignete Inseln konnten wegen der mangelnden Kiesdynamik nicht mehr entstehen.

Ab 1982 waren an der Isar keine natürlichen Brutplätze von Flussseeschwalben mehr zu finden.

Brutflöße

Nach Schweizer Vorbild wurde von 1967-1970 ein erster Versuch mit einem Nistfloß, d. h. mit einer schwimmenden Kiesinsel, im Tölzer Stausee unternommen – allerdings ohne Bruterfolg.

1983 wurde im Ickinger Eisweiher in der Pupplinger Au ein weiteres Nistfloß eingerichtet.
1991 entstand nach einer Idee von Udo Bär das erste Groß-Floß mit einer Länge von 18 m und einer Breite von 6m in der Bucht von Sankt Heinrich im Starnberger See. Dieses Floß wurde sowohl von Flussseeschwalben als auch von Lachmöwen gut angenommen.

Bestand

Von 1998 - 2014 sammelte Heribert Zintl die bayernweiten Bestandsdaten, die zuvor von Udo Bär gesammelt worden waren, und wertete sie aus.

 

Durch die künstlichen Brutmöglichkeiten wurde eine anhaltende Bestandszunahme der Flussseeschwalben in Bayern von den 1980er Jahren bis heute erreicht. In den 80er Jahren gab es bayernweit weniger als 50 Brutpaare; 2013 waren es um die 370.

Dazu tragen die beiden großen Kolonien am Starnberger See und am Ammersee mit 40% wesentlich bei.

Heribert Zintl, Foto: Markku Arends
Heribert Zintl, © Markku Arends

Die Flussseeschwalbe wurde zur „Floß-Seeschwalbe“.

Inzwischen brüten fast alle Flussseeschwalben in Bayern auf Brutflößen oder künstlichen Inseln.

Heribert Zintls größter Wunsch ist es, noch zu erleben, dass die Flussseeschwalben wieder auf ihre natürlichen Brutplätze zurückkehren. Dieser Wunsch ist durchaus berechtigt, denn es hat in den letzten Jahren einige positive Entwicklungen gegeben:

Über die von der EU-Wasserrahmenrichtlinie verlangten Maßnahmen, wie Gewässer-Entwicklungskonzept und FFH-Managementplan, erhalten die Renaturierungs-Vorgaben an der Oberen Isar einen neuen Impuls.

  • Es gibt wieder mehr Kiesverfrachtungen (und damit mögliche Brutplätze),
  • die Fischfauna (und damit die Nahrung für die Flussseeschwalben) wird durch die Maßnahmen gefördert und
  • die Isar-Ranger bemühen sich um eine Besucheraufklärung (Verhinderung von Störungen).

Durch die starke Population auf den Brutflößen sind immer genügend Vögel vor Ort, um diese Nische wieder zu besiedeln, wenn die Renaturierung genügend voran geschritten ist.

Ohne die langjährigen Bemühungen Heribert Zintls und des LBV gäbe es in der Region sicherlich keine Flussseeschwalben mehr, die den Lebensraum besiedeln könnten.

 

Seit 2012 wurden tatsächlich Brutversuche in der Pupplinger Au und auf einigen Flussdelten bekannt. Die Brut in der Pupplinger Au ist aber leider dem Hochwasser zum Opfer gefallen.

 

Fortsetzung unter Hotspot-Projekt "Flussseeschwalbe zurück am Fluss" (2014 - 2021)

 

 

Im September 2015 erschien der folgende Artikel in der Süddeutschen Zeitung: Der Retter der Seeschwalbe