Renaturierung Ebenbergfilz

Das Ebenbergfilz am nordwestlichen Ortsrand von Schöneck, Gem. Dietramszell, mit dem LBV-Grundstück (rote Grundstücksgrenze). Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)
Das Ebenbergfilz am nordwestlichen Ortsrand von Schöneck, Gem. Dietramszell, mit dem LBV-Grundstück (rote Grundstücksgrenze). Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)

Für die Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen des LBV ist der Moorschutz schon seit Langem ein wichtiger Teil ihrer Naturschutzarbeit. Daher erwarb sie im Jahr 2022 von einer Erbengemeinschaft ein 14,7 ha großes Grundstück im Ebenbergfilz, einem Hochmoor mit einer Gesamtgröße von knapp 26 Hektar nordwestlich des Ortsteils Schönegg in der Gemeinde Dietramszell. Im Gegensatz zu vielen anderen Hochmooren ist es glücklicherweise nicht in viele kleine Grundstücke geteilt. Das erworbene Grundstück umfasst den gesamten zentrale Moorbereich mit einem in sich geschlossenen Entwässerungssystem. Diese Gundstücksituation ist ein absoluter Glücksfall, denn so kann das durch Entwässerung geschädigte Moor großflächig renaturiert werden, ohne dass davon Fremdgrundstücke betroffen wären.

 

Das Ebenbergfilz ist nach unseren Erkenntnissen ein wurzelechtes Hochmoor, das sich während eines Rückzugsstadiums des Vorlandgletschers nicht wie sonst oft aus einem Niedermoor, z.B. einer Seenverlandung, sondern direkt auf einer wasserstauenden Seetonschicht als Regenwassermoor entwickelt hat. Der Seeton ist vermutlich das Überbleibsel einer Eiszerfalls- und Seenlandschaft, die sich beim Rückzug des Gletschers gebildet hat und später über den Talzug St. Leonhard – Föggenbeuern – Thanninger Weiher – Egling ausgelaufen ist. Das Ebenbergfilz ist rundum durch Schlucklöcher, über die das Wasser in den kiesigen Untergrund abfließt sowie durch sandig-kiesige Schmelzwasserablagerungen vom Zufluss von nährstoffhaltigem Mineralbodenwasser aus der Umgebung isoliert. Auch das Moor selbst entwässert in diese Schlucklöcher.

 

 


Vereinfachter überhöhter Längsschnitt SW-NO.

Grau: mineralischer Untergrund,

blau: Seeton,

braun: Torfkörper.

Die randlichen Schlucklöcher sind deutlich zu erkennen.

 

Grundlage: Digitales Geländemodell (verändert),  Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)
Grundlage: Digitales Geländemodell (verändert), Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)

Das Grabensystem auf dem LBV-Grundstück (rote Grundstücksgrenze). Gräben zum Teil aus der Zwischenkriegszeit (d’blau) und Schlitzgräben mit Drainagerohren (h’blau) nach eigene Erhebungen. Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)
Das Grabensystem auf dem LBV-Grundstück (rote Grundstücksgrenze). Gräben zum Teil aus der Zwischenkriegszeit (d’blau) und Schlitzgräben mit Drainagerohren (h’blau) nach eigene Erhebungen. Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)

 

Im Gegensatz zu den anderen bisher vom LBV renaturierten Mooren ist der Großteil des Ebenbergfilz und damit auch die für die Wiedervernässung vorgesehenen Bereiche nicht abgetorft worden und weist damit auch keine für gleichmäßige Wasserstände problematischen Höhenunterschiede auf.

 

Soweit es sich rekonstruieren lässt, wurden vermutlich in der Zwischenkriegszeit mehrere breite Entwässerungsgräben angelegt, die insbesondere die Randbereiche und den östlichen Teil unseres Grundstücks entwässern. Ergebnis ist dort eine dichte Bestockung mit Fichten und Waldkiefern. Völlig unverständlich ist, dass dann noch Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, als bereits längst die negativen Folgen der Moor-Entwässerung bekannt waren und über Renaturierung und Wiedervernässung gesprochen wurde, im Ebenbergfilz weitere tiefgreifende Entwässerungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Im gesamten zentralen und nördlichen Teil des Moores wurden 15 bis zu 300 Meter lange Schlitzgräben mit eingelegten Drainagerohren angelegt. Aufgrund negativer Effekte auf Nachbargrundstücke und mangelnder Genehmigung musste die Entwässerung rückgängig gemacht werden. Nachvollziehbar ist, dass die Sammel-Gräben an zwei oder drei Stellen unterbrochen wurden. Hierdurch wurden die Nachbargrundstücke nicht mehr geflutet, die Entwässerung des Moores aber nicht vollständig unterbunden.

 


 

Vielleicht wegen der schnellen Reaktion von Nachbarn und Behörden hat dieser Eingriff zum Glück den zentralen Teil des Moores nicht so weit beeinträchtigt, dass neben der Absenkung des Moorwasserspiegels auch das Baumwachstum sehr stark gefördert worden wäre. So ist der zentrale Moorteil auch jetzt noch weitgehend baumfrei, die Bodenvegetation zeigt aber deutlich die Entwässerungswirkung der zahlreichen Gräben an.

 

Es herrscht dominant Besenheide (Calluna vulgaris) vor und viele der für intakte Hochmoore typischen Pflanzen wie Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum), Rosmarinheide (Andromeda polifolia), Moosbeere (Vaccinium oxycoccus), rote Torfmoose (Sphagnum spec.) kommen zwar noch vor, aber mit viel zu geringen Deckungsgraden oder fehlen bereits wie der Sonnentau (Drosera rotundifolia) und die Blumenbinse (Scheuchzeria palustris).

 

Von Besenheide (Calluna vulgaris) dominierter offener Hochmoorbereich im westlichen Moorzentrum, Foto: Sabine Tappertzhofen, 09.03.2024
Von Besenheide (Calluna vulgaris) dominierter offener Hochmoorbereich im westlichen Moorzentrum, © Sabine Tappertzhofen, 09.03.2024

Digitales Geländemodell (verändert) mit Grabensystem (blau), LBV-Grundstücksgrenze (rot), Wasserscheiden (orange) und randlichen Schlucklöchern (lila) nach eigenen Erhebungen. DGM: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)
Digitales Geländemodell (verändert) mit Grabensystem (blau), LBV-Grundstücksgrenze (rot), Wasserscheiden (orange) und randlichen Schlucklöchern (lila) nach eigenen Erhebungen. DGM: Bayerische Vermessungsverwaltung, Lizenz: CC BY 4.0 (*)

 

Die Regierung von Oberbayern hat daher mit Bescheid vom 20.12.2022 u.a. eine 90%ige Förderung von Wiedervernässungsmaßnahmen im Ebenbergfilz im Rahmen des Projektes „Moore im Tölzer Land“ bewilligt.

 

Das ganze Jahr 2023 wurde für die zur Umsetzung der Maßnahmen notwendigen Vorarbeiten genutzt. Alle Ergebnisse der Recherchen und Geländeaufnahmen haben wir in einem geographischen Informationssystem (GIS) aufbereitet und diese Daten durch ein detailliertes digitales Geländemodell und mit einem aktuellen sowie historischen Luftbildern ergänzt. Damit hatten wir eine gute Grundlage für die Planung und Ausschreibung der für die Wiedervernässung notwendigen Bauarbeiten.


Torfdamm mit Stammholzarmierung, Foto: Manfred Kinberger
Torfdamm mit Stammholzarmierung, © Manfred Kinberger

An den breiten Gräben aus der Zwischenkriegszeit waren insgesamt 27 Torfdämme mit einer Stammholzarmierung für den gewünschten Wasserrückhalt notwendig. Die meist nur 30 cm breiten Schlitzgräben wurden, nachdem die Drainagerohre soweit möglich entfernt wurden, mit 98 Torfdämmen mit einer innenliegenden Holzspundung verschlossen.

Bau einer Spundwand, Foto: Manfred Kinberger
Bau einer Spundwand, © Manfred Kinberger

Die Bauarbeiten wurden im Februar und Anfang März 2024 durchgeführt und sind in nachstehendem Kurzfilm dokumentiert.

Bgm. Hauser und Gemeinderatsmitglieder (Dietramszell) mit Sabine Tappertzhofen im Ebenbergfilz, Foto: Walter Wintersberger
Bgm. Hauser und Gemeinderatsmitglieder (Dietramszell) mit Sabine Tappertzhofen im Ebenbergfilz, © Walter Wintersberger

 

 

Mit diesen Maßnahmen soll der Moorwasserspiegel in weiten Teilen des LBV- Grundstücks möglichst wieder auf das für intakte und wachsende Hochmoore typische Niveau von ca. 10 cm unter Gelände angehoben werden.

 

Ziel ist, in den nur gering bestockten Moorbereichen die Besenheide zu Gunsten von Scheidigem Wollgras, Torfmoosen und anderen typischen Regenmoorpflanzen deutlich zurückzudrängen. Die bewaldeten Bereiche sollten sich zu einem Kiefern-Moorwald entwickeln.

 


 

Typische Regenmoorpflanzen:

Moosbeere (Vaccinium oxycoccus), Rosmarinheide (Andromeda polyfolia), Torfmoose (Sphagnum spec.), Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum)

Um den erhofften Erfolg der Wiedervernässung nachvollziehen zu können, werden wir die Veränderungen der Bodenvegetation auf Dauerbeobachtungsflächen dokumentieren.

 

Manfred Kinberger, April 2024

(*)  Luftbild bzw. Digitales Geländemodell:
Bayerische Vermessungsverwaltung – www.geodaten.bayern.de, Lizenz: CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)