Nach der letzten Eiszeit begann in großflächigen Geländemulden über die Verlandung von Seen die Moorbildung: Unter Sauerstoffabschluss konnten sich die Pflanzenreste nicht vollständig zersetzen, es bildete sich Torf. So entstanden zunächst Niedermoore und nach weiterem Aufwachsen des Torfes über Jahrtausende Hochmoore. Diese werden in Bayern auch „Filz“ genannt.
Das 21 Hektar umfassende Spatenbräufilz 7 km östlich von Wolfratshausen ist auch so entstanden. Seinen Namen hat dieses Filz von der Spaten-Brauerei, die bis 1886 Eigentümerin des Moores war. Die späteren Eigentümer begannen mit der tiefgreifenden Entwässerung und dem Abbau von Torf als Brennmaterial vermutlich um 1930. Nach dem Ende des Torfabbaus in den 1960er Jahren waren zentrale Bereiche des Hochmoores ausgetrocknet und zerstört. Das ursprünglich fast baumlose Filz mit seinen typischen Hochmoor-Arten wuchs langsam mit Gehölzen zu. Grund genug, dass sich der LBV seit 1995 um das Spatenbräufilz kümmert, dem wegen des Lebensraumverbunds von Hochmoor und Streuwiesen entlang des Mooshamer Bachs eine bayernweite Bedeutung zukommt. Nicht zuletzt ist dieses Filz ein wichtiges Glied in der rund 30 km langen Kette aus Mooren vom Kochelsee bis kurz vor München – der Tölzer Moorachse.
Intakte Hochmoore sind durch extreme Nähsroffarmut gekennzeichnet. Sie sind kühler als ihre Umgebung und weisen starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht auf. In ihrem Zentrum bestehen sie zu 90% aus Wasser, das sehr sauer ist. Die Tier- und Pflanzenarten, die mit diesen extremen Lebensbedingungen zurechtkommen, sind hoch spezialisiert, weshalb ihr Überleben eng mit dem der Moore verbunden ist. Besonders auffällig ist das im Frühjahr weiß fruchtende Wollgras. Ebenso typisch ist der Sonnentau, eine kleine Insekten fressende Pflanze und natürlich die Torfmoose, aus denen der Moorkörper besteht. Auch die Kreuzotter – Bayerns einzige Giftschlange – lebt im Spatenbräufilz. Und seltene Libellen wie die stark gefährdete Große Moosjungfer finden in den kleinen, sich schnell erwärmenden Moorgewässern ideale Fortpflanzungsstätten.
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Auf Anregung der Gemeinde Egling führte der LBV mit Unterstützung durch die untere und die höhere Naturschutzbehörde von 1995 bis 2001 umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen durch. Dabei mussten zunächst in Teilbereichen die aufgewachsenen Fichten, Kiefern und Faulbäume entnommen werden. Um die Entwässerungsgräben zu verschließen und die ehemaligen Torfstiche wieder zu vernässen, wurden schließlich 70 Dämme aus Torf und Holz eingebaut.
Seit 2001 wird die Wiedervernässung unter Beteiligung der Grundeigentümer schrittweise fortgeführt. Dank finanzieller Unterstützung durch den Bayerischen Naturschutzfonds und die Regierung von Oberbayern konnten dafür mehrere Flächen angekauft werden. Weil Moore große Mengen Kohlenstoff speichern und so zum Klimaschutz beitragen, werden die Renaturierungen auch im Rahmen des Bayerischen Klimaschutzprogramms gefördert.
Im Gegensatz zu den Hochmooren sind Streuwiesen vom Menschen geschaffene, historische Kulturflächen mit einer großen Artenfülle. Hier sind Lungen- und Stängelloser Kalk-Enzian, unterschiedlichste Orchideen, Sumpf-Herzblatt und Mehl-Primel beheimatet. Diese Pflanzen sind bedroht und auf einmalige Mahd im Herbst und Düngeverzicht angewiesen, die Streuwiesen kennzeichnen.
In den so bewirtschafteten feuchten und nassen Wiesen finden auch Heuschrecken und Schmetterlinge wie der stark gefährdete Goldene Scheckenfalter optimale Lebensbedingungen.
Diese traditionelle, extensive Nutzungsform ist allerdings sehr aufwendig. Im Spatenbräufilz wird die gemähte Streu auf Planen von den Flächen gezogen. Im getrockneten Zustand dient sie anschließend – ganz wie früher – als Einstreu in den Ställen.
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Auf dem Hochmoor lebt der Baumpieper. Der spatzengroße Vogel brütet am Boden und nutzt Bäume als Ansitzwarte für seinen Singflug. Vom Baumwipfel aus steigt er senkrecht empor und beginnt kurz vor dem höchsten Punkt seinen trillernden Gesang. Dann gleitet er plötzlich wie ein Fallschirm herunter, indem er seine Flügel spreizt und die Beine hängen lässt. Der Gesang endet mit einem charakteristisch gedehnten „ziah – ziah – ziah“. Da er meist zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt, kann man ihn gut dabei beobachten. Allerdings gehört auch etwas Glück dazu, denn der Baumpieper ist in Bayern immer seltener anzutreffen – im Spatenbräufilz stehen die Chancen aber gut.
Trotz des für den Hochmoorgelbling günstigen Lebensraumverbunds von Hochmoor und Streuwiesen konnte der seltene Falter nicht mehr im Spatenbräufilz nachgewiesen werden. Er ist ein Verlierer des Klimawandels, d. h. es ist ihm in tieferen Lagen zu warm. Er kommt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nur noch in Mooren oberhalb von 800 m vor.
Dort, wo die Verbuschung zunimmt, weil der Moorwasserstand zu tief liegt, hat sich der LBV tierische Unterstützung gesucht: Moorschnucken.
Diese norddeutsche Schafrasse ist für die extensive Beweidung von Moorlandschaften geradezu ideal. Die Tiere sind klein, leicht und haben harte Klauen, weshalb sie gut auf den nassen Moorböden zurechtkommen. Außerdem sind sie genügsam und ernähren sich von dem, was auf den verbuschten Moorflächen zu finden ist: Heidekraut, Birke und Faulbaum. Anderes Futter bekommen sie nicht. So sorgen die Schafe dafür, dass das Moor nicht weiter mit Gebüschen zuwächst.
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Um die Ziele im Spatenbräufilz zu erreichen, ist eine kontinuierliche Betreuung des Projekts wichtig. Neben konzeptioneller Arbeit gehört dazu auch regelmäßige Pflege, die ehrenamtlich von LBV-Helfern durchgeführt wird. Die Erfolge im Moor können sich sehen lassen:
Text: Birgit Weis (LBV), Projektgruppe NaturVielfaltBayern (PAN GmbH, www.pan-gmbh.com), u.a., 2021